Schmerztherapie

Der Unterschied zwischen akutem und chronischem Schmerz

Im Oktober 1994 fand in Orlando im Bundesstaat Texas (USA) erstmals eine von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) einberufene internationale Konferenz zum Thema „Schmerz“ statt. Das wichtigste Ergebnis dieses Zusammentreffens war eine Einigung darüber, den akuten und den chronischen Schmerz grundsätzlich voneinander zu unterscheiden. Ausschlag gebend waren entscheidende wissenschaftliche Erkenntnisse über den chronischen Schmerz. Diese kamen speziell aus dem Bereich der modernen Hirnforschung, wo sich an Hand von Untersuchungen herausstellte, wie unterschiedlich Menschen Schmerzen physiologisch und psychologisch verarbeiten. 

Was ist das Besondere beim chronischen Schmerz?

Als chronisch definiert die WHO eine Schmerzsituation, bei der jemand in einem Zeitraum von 6 Monaten keine spürbare Symptomfreiheit erlebt. Chronischer Schmerz unterscheidet sich vom akuten dadurch, dass er sich im leibseelischen Organismus zu einem komplexeren Geschehen ausweitet. Es ist daher nicht ausreichend, beim chronischen Schmerz ausschließlich nach körperlichen Ursachen zu suchen, auch wenn dies weiterhin als eine notwendige Teilmaßnahme anzuerkennen ist. Es ist aber ebenso wenig sinnvoll zu behaupten, der chronische Schmerz habe hauptsächlich psychische Ursachen. Stattdessen erweist sich der chronische Schmerz als ein sehr komplexes Geschehen, bei dem körperliche und psychische Prozesse in sehr enger Weise mit einander verflochten sind. Dieser Prozess verselbständigt sich, je nach dem Grad der Chronifizierung, so sehr, dass er gegen äußere Einflussnahme wesentlich resistenter ist, als dies beim akuten Schmerz der Fall ist.

Was hilft gegen chronischen Schmerz?

Es ist nur allzu verständlich, wenn jemand, der unter chronischen Schmerzen leidet, sich an dem Gedanken festhält, man habe einfach nur noch nicht „das richtige Medikament“ oder „die richtige Therapie“ gefunden. Aber genau hier liegt der wesentliche Unterschied zum akuten Schmerz. Während bei diesem in der Regel ein bis zwei Maßnahmen ausreichen, gibt es beim chronischen Schmerz nicht „das eine ideale Medikament“ oder „die eine ideale Therapie“. Auch wenn in den verschiedenen Medien ein bestimmtes Medikament oder eine bestimmte Methode als solche angepriesen wird. Denn gerade, weil sich der chronische Schmerz als ein so komplexes Geschehen im menschlichen Organismus erweist, muss sich eine sinnvolle Therapie aus ebenso vielfältigen und multimodalen Bausteinen zusammensetzen. Deshalb benötigt die Therapie des chronischen Schmerzes ein Zusammenspiel verschiedener Maßnahmen. Die strukturelle Zusammensetzung dieser Therapie-Bausteine ist an ganz bestimmte Grundbedingungen geknüpft.

Wie ist das optimale Therapieziel beim chronischen Schmerz definiert?

Auch hier besteht ein bedeutender Unterschied zum akuten Schmerz. Während das Ziel bei diesem ist, ihn so schnell wie möglich vergehen zu lassen, (was in der Regel auch, vor allem mit geeigneten Medikamenten, gelingt), lautet das Therapieziel beim chronischen Schmerz, dass der vom Schmerz betroffene Mensch eine innerlich ausreichende Distanz zu seinem Schmerzerleben entwickelt. Das Ziel ist also nicht mehr unbedingt, dass der Schmerz gänzlich vergeht.

Die konkrete Therapie wird dem entsprechend in drei Phasen unterteilt:

  1. In der Phase 1 erhalten Sie eine ausführliche Erklärung darüber, wie chronischer Schmerz entsteht, und welche konkreten Teile des Organismus daran beteiligt sind.
  2. In der Phase 2 wird Ihnen das stufenweise aufgebaute Therapieprogramm erklärt. Dies setzt sich zusammen aus den verschiedensten Maßnahmen wie etwa:
  • Einnahme von Medikamenten 
  • Führen einer Schmerzkurve und Gefühls-Checkliste
  • Physiotherapie 
  • Übungen zur Körperwahrnehmung 
  • Entspannungsanleitung 
  • und weiteres mehr.

3. In der Phase 3 begleite ich Sie als Coach bei diesen Therapiemaßnahmen, die Sie nun eigenständig fortsetzen. Ich bespreche mit Ihnen den Fortschritt, eventuell auftretende Probleme, gemeinsam erarbeiten wir Verbesserungsvorschläge. Anfangs treffen wir uns häufiger, das heißt ca. 1mal im Monat, später werden die Abstände vergrößert.  

Da in meinem ganzheitlichen Schmerztherapie-Ansatz die psychische Komponente eine wesentliche Bedeutung hat, stehe ich Ihnen im gesamten Verlauf auch als Psychotherapeut zur Verfügung. Es wird Raum geben für Gespräche, in denen  seelische Probleme und Konflikte bearbeitet werden. Sie lernen die unangenehmen Körperempfindungen sowie die begleitenden schwierigen Gefühle und Gedanken im Bezug auf Ihre chronischen Schmerzen besser zu verstehen und neu zu bewerten. Der gesamte Prozess führt schließlich dazu, dass Sie Distanz zum Schmerz bekommen und wieder offener dem Leben gegenüber sind. Dadurch wird Ihre Lebensqualität erhöht, weil der Schmerz in den Hintergrund tritt. Sollte es sich als zusätzlich hilfreich und sinnvoll erweisen, kann zu einem späteren Zeitpunkt die Schmerztherapie in eine Körperpsychotherapie übergeleitet werden.   

Zahlen und Fakten

In der Bundesrepublik Deutschland leiden inzwischen 24 % aller Erwachsenen an chronischen Schmerzen. Diese Zahlen gelten ebenso für alle Länder der Europäischen Union. Von diesen Betroffenen sind bisher nur 57 % in therapeutischer Behandlung. Ein medizinisch besonders gravierender Faktor ist, dass ohne eine kompetente Therapie der Chronifizierungsprozess mit jedem Monat zunimmt. Und je höher die Chronifizierung, desto schwieriger und langwieriger gestaltet sich eine künftige Therapie. Um alle Betroffenen adäquat therapeutisch zu betreuen, bedürfte es allein in Deutschland ca. 1000 schmerztherapeutische Einrichtungen; derzeit existieren aber gerade einmal 400. 

Bleiben Sie nicht länger dem chronischen Schmerz gegenüber hilflos ausgeliefert, sondern begeben Sie sich so schnell wie möglich in therapeutisch kompetente Hände.

Bild von Alois Michels

Alois Michels

Die „Strukturelle Körperpsychotherapie“ (SKP) wurde von mir im Verlauf meiner körperpsychotherapeutischen Tätigkeit, sowohl im klinisch-stationären, als auch im ambulanten Bereich, als eigenständige Methode der Körperpsychotherapie entwickelt. Auf dem Fundament eines sowohl sport- als auch sozialwissenschaftlichen Studiums und jahrzehntelanger klinischer und ambulanter Erfahrung im Bereich der Körperpsychotherapie ist es mir gelungen, spezifische Selbststrukturen des Menschen aus der frühkindlichen Entwicklungszeit zu entdecken, und inzwischen bei vielen Menschen nachträglich erfolgreich therapeutisch zu integrieren.